Staatliches Handeln zielt darauf ab gute und verbindliche Regeln zu erlassen, um Umweltkatastrophen, soziale und wirtschaftliche Krisen zu verhindern. Gäbe es beispielsweise keine Umweltauflagen für den Bau eines neuen Kohlekraftwerks, könnten Unternehmen ungehindert Abwässer verschmutzen und klimaschädliche Treibhausgase in die Luft blasen. Wie man an diesem Beispiel erkennt, sind diese Auflagen noch nicht immer so umfangreich, wie sie aus Sicht von Umweltschützern sein sollten. Auch beim Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Tierschutz gibt es teilweise sehr gute Regeln, aber auch Nachbesserungsbedarf. Schutzstandards müssen gesellschaftlich ausgehandelt werden, um eine Balance zu erreichen zwischen dem Schutz, den man damit erreichen will, und den Einschränkungen von Individuen und Unternehmen, die diese einhalten müssen.
Anstatt staatliche Maßnahmen als notwendiges Mittel zu betrachten, Schaden von der Allgemeinheit abzuhalten, stellen diese aus Sicht von TiSA grundsätzlich ein Handelshemmnis dar. Und ein Handelshemmnis gilt es auf seine „Notwendigkeit“ zu überprüfen und gegebenenfalls zu beseitigen. Mit der Unterzeichnung von TiSA würden sich Staaten dieser Logik unterwerfen und müssten neue und bestehende Maßnahmen generell unter diesem Gesichtspunkt überprüfen. Maßnahmen beinhalten so gut wie jegliche Form staatlichen Handelns, also Gesetze, Vorschriften, Verfahren, Entscheidungen, Verwaltungsakte und dergleichen. TiSA beschränkt sich nicht auf staatliches Handeln auf der nationalen Ebene, sondern bindet gleich auch alle darunter angesiedelten Politikebenen mit, d.h. im Falle von Deutschland, Bundesländer, Landkreise, Städte und Gemeinden.
Sie alle müssten die in TiSA eingegangen Verpflichtungen beachten. Arbeitnehmer-, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzauflagen wären demnach nur dann zugelassen, wenn sie „objektiv“ sind und in keinster Weise gegen ausländische Anbieter „diskriminieren“. Die Formulierungen „objektiv“ und „diskriminierend“ sind bewusst so vage gewählt worden, um es politischen Entscheidungsträgern so schwer wie möglich zu machen, neue Maßnahmen zu erlassen. Denn selbst wenn eine Maßnahme versehentlich gegen TiSA verstößt, könnten ausländische Investoren dagegen vorgehen, indem sie ihre Regierung zu einer Klage motivieren. Aus Angst etwas falsch zu machen, werden die Standards dann oft gar nicht mehr erhöht, einen Effekt den man im englischen als „regulatory chill“, also Gefrierzeit für Regulierungen, bezeichnet.
Außerdem ist ein Mechanismus geplant, der es Konzernen erlaubt über geplante innerstaatliche Regelungen und Gesetze frühzeitig informiert zu werden und sie zu kommentieren. So könnten es für ausländische Konzerne noch einfacher werden, nationale Regelungen in ihrem Sinn zu beeinflussen oder ganz zu verhindern.
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