TTIP: Das unfaire Handelsabkommen stoppen!

Das zwischen den USA und der EU geplante Freihandelsabkommen birgt viele Gefahren. Gemeinsam mit rund 470 Organisationen aus allen EU-Mitgliedsstaaten sammelten wir 2 Millionen Unterschriften gegen TTIP und CETA, die Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada und den USA. Ein unglaublicher Erfolg!

Berlin: Unter dem Motto „TTIP & CETA stoppen! Für einen gerechten Welthandel“ haben im Oktober 2015 etwa 250.000 Menschen gegen die Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) sowie Kanada (CETA) protestiert.

Handelspolitik und Finanzpolitik: Aktuelle Aktionen

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Meilensteine der TTIP-Kampagne

5-Minuten-Info: Darum ging es bei der TTIP-Kampagne

Das Transatlantic-Trade-and-Investment-Partnership-Abkommen, TTIP, ist kein klassisches Freihandelsabkommen. Es geht nicht um die Abschaffung von Zöllen und Handelsschranken, weil es die zwischen Europa und den USA kaum noch gibt. Ziel ist vielmehr der Abbau von so genannten „nicht-tarifären Handelshemmnissen“. Als Handelshemmnis können die Vertragspartner alles definieren: Verbraucherschutz, Kennzeichnungspflicht, Datenschutz, Arbeitnehmerrechte.

Richtig gefährlich wird TTIP, wenn es erst einmal in Kraft ist. US-Konzerne können dann europäische Staaten verklagen, wenn deren Gesetze ihre Gewinne schmälern. Die Urteile fällen keine Richter, sondern von den Konzernen selbst ausgewählte Wirtschaftsanwälte. Schon die Drohung solcher Klagen kann reichen, um unliebsame Gesetze aus der Welt zu schaffen. Die verhängten Schadensersatzzahlungen können Staaten in den Ruin treiben.

Die Vertragsverhandlungen finden ohne echte Transparenz, ohne Debatte und Beteiligung der demokratisch gewählten Parlamente statt. Die Parlamente können am Schluss nur noch Ja oder Nein zu dem ganzen Vertrag sagen.

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU birgt viele Gefahren:

  • Die USA wollen ihre Produkte nach Europa exportieren, ohne europäische Verbraucher- und Tierschutzvorschriften einzuhalten. Damit EU-Unternehmen dann nicht benachteiligt sind, müssten die Standards hierzulande gesenkt werden.
  • Regeln zur Bankenaufsicht und zur Zügelung der Finanzmärkte können aufgeweicht werden – und die nächste Bankenkrise wird wieder von den Bürger/innen statt von den Banken bezahlt.
  • In Europa könnte TTIP 583.000 Arbeitsplätze kosten, in Deutschland allein sind 134.000 Jobs bedroht.
  • Öffentliche Dienstleistungen sind nicht wirksam von Marktöffnungen ausgenommen. Für Kommunen könnte es durch TTIP erschwert werden, einmal erfolgte Privatisierungen rückgängig zu machen.
  • Es wird deutlich schwieriger, Verbraucherschutz- oder Tierschutzstandards zu erhöhen, wenn TTIP in Kraft tritt. Keine Chance mehr für dringend nötige Regeln gegen den Missbrauch von Antibiotika bei der Tiermast oder gegen hormonelle Schadstoffe in Alltagsgegenständen.
  • TTIP könnte die Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel erleichtern und die Kennzeichnungspflicht aufweichen.
  • Im Bereich des so genannten „geistigen Eigentums“ drohen Verschärfungen: weniger Rechte für Internetnutzer, weniger preisgünstige Medikamente und ein lascher Datenschutz.
  • Investoren sollen die Möglichkeit bekommen, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie ihre Gewinnaussichten durch demokratische Beschlüsse verletzt sehen. Auf eine solche Investitionsschutzklausel in einem anderen Abkommen beruft sich heute schon Vattenfall – und verklagt derzeit Deutschland auf 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz für den Atomausstieg.
  • Der durch das Abkommen ausgelöste Preiskampf bei Lebensmitteln würde auf beiden Seiten des Atlantiks naturschonend wirtschaftende Bauernhöfe massenweise zur Aufgabe zwingen.
  • Die durch die EU-Chemikalienverordnung REACH vorgeschriebene Gefahrenprüfung vor der Markteinführung von Substanzen würde umgehbar, wenn TTIP die gegenseitige Anerkennung von Zulassungsverfahren auch im Chemie-Sektor umfasst: Ein Konzern müsste nur ein Produkt in den USA anbieten – und schon könnte er es auch in Europa verkaufen.

Die Verhandlungen finden statt zwischen der EU-Kommission, vertreten durch die Handelskommissar Phil Hogan, und dem US-Handelsministerium. Auf massiven öffentlichen Druck hin stellt die EU-Kommission inzwischen einige ihrer Verhandlungspositionen online – allerdings weigert sich die US-Seite dasselbe zu tun.

Deshalb bleibt ungewiss, wo mögliche Kompromisslinien liegen werden. Da beide Verhandlungspartner eine „Paketlösung“ anstreben wird die EU-Kommission massive Zugeständnisse machen müssen, soll das Abkommen jemals unterschriftsreif werden.

Obwohl die Zivilgesellschaft wenig erfährt, haben einige hundert Industrielobbyisten exklusiven Zugang und die Möglichkeit, ihre Interessen direkt in den Vertrag zu diktieren. Ziel der Verhandler ist es, die Verhandlungen geheim abzuschließen und den demokratisch gewählten Vertretungen der Bürger/innen dann nur noch die Wahl zwischen Zustimmung und Ablehnung zu lassen.

Die EU-Kommission und die US-Regierung halten die wichtigsten Verhandlungsdokumente unter Verschluss. Auf den Pressekonferenzen nach den jeweiligen Verhandlungsrunden werden lediglich Allgemeinplätze zum Besten gegeben. Jegliche öffentliche Information bleibt äußerst vage.

Die Europäische Kommission rechnet, gestützt auf eine Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR 2013), für das Jahr 2027 mit einem Wachstum des realen Einkommens der EU von bis zu 0,48 Prozent. Das bedeutet pro Jahr ein Wachstum von 0,048 Prozent, also unter der Nachweisgrenze. Die Kommission schließt Anpassungseffekte zwar nicht aus, gesamtwirtschaftlich sollen jedoch Beschäftigungsgewinne und Lohnzuwächse überwiegen. Schon diese positiv gefärbte Schätzung geht also von einem äußerst geringen wirtschaftlichen Nutzen in sehr ferner Zukunft aus.

Nicht berücksichtigt sind dabei mögliche negative Effekte. Diese untersucht eine Studie der Tufts University. Ergebnis: Es droht der Verlust von fast 600.000 Jobs in Europa, das Bruttoinlandsprodukt wird ebenso sinken wie die Lohnquote (der Anteil der Beschäftigten am erwirtschafteten Wohlstand). Ferner droht eine wachsende Instabilität der Finanzmärkte.

Durch TTIP droht eine Ausweitung niedrig entlohnter Beschäftigung, zunehmende Einkommensungleichheit, verschärfte Sparpolitik der öffentlichen Haushalte und eine geringere Tarifbindung. Privatisierungen, Ausgliederungen und Deregulierung vor allem im Dienstleistungsbereich können einfach genutzt werden, um Niedriglohn-Jobs zu schaffen. Weil sie anständig bezahlte Jobs mehr und mehr verdrängen, wirkt sich das auf das allgemeine Lohnniveau und damit auf die „Normalarbeitsverhältnisse“ aus.

Dieses Versprechen ist leider eine leere Hülse. Die EU-Kommission veranstaltet einige so genannte Stakeholder Briefings, bei denen sie Vertreter/innen der Zivilgesellschaft mit Allgemeinplätzen, ausweichenden Antworten und bewusstem Verschweigen hinhält. Dem gegenüber stehen hunderte Gespräche mit Industrielobbyisten, bei denen diese unmittelbar Einfluss auf die Verhandlungstexte nehmen können.

Die EU-Kommission hat ein beratendes Kommitee eingerichtet, das die Verhandlungen begleiten soll. In ihm sitzen neben sieben Industrievertretern zwei handverlesene Vertreter von Umweltschutzverbänden, zwei von Gewerkschaften und einer von einer Transparenz-Organisation. Die bisher veröffentlichten Protokolle der Sitzungen zeigen, dass über Belanglosigkeiten geredet wurde, nicht über die wirklich kritischen Fragen. Und auch diesem Komitee werden voraussichtlich keine Vertragstexte zugänglich gemacht.

Wenn Abgeordnete die Verhandlungsunterlagen sehen dürfen, dann nur in speziellen Leseräumen. Sie sind zu Stillschweigen verpflichtet, dürfen also ihr Wissen nicht mit Experten und vor allem nicht mit uns Bürger/innen teilen.

Die Verhandlungen wurden im Juni 2013 offiziell aufgenommen. Ziel der Verhandlungspartner war ein schneller Abschluss, bis Ende 2016. Aufgrund inhalticher Differenzen zwischen der EU und den USA und des starken zivilgesellschaftlichen Widerstands gegen das Abkommen gelang dies nicht. Aktuell liegen die Verhandlungen auf Eis, weil noch nicht klar ist, wie die neue US-Regierung mit TTIP weiter verfahren wird.

Das Europaparlament und die Europäischen Regierungen müssen dem Vertrag auf jeden Fall zustimmen. Strittig ist, ob der Vertrag außerdem in jedem einzelnen Mitgliedsstaat „ratifiziert“ werden muss. Die EU-Kommission möchte dieses Abkommen allein auf europäischer Ebene durchsetzen und die nationalen Parlamente außen vor lassen! Dagegen regt sich Widerstand aus den Mitgliedsstaaten – sehr zu recht. Wenn die EU-Kommission nicht einlenkt, ist eine Klage vor dem EuGH in dieser Sache wahrscheinlich.

Würde der Vertrag auch von den Mitgliedsstaaten ratifiziert, bedeutet das in der Regel, dass die Parlamente abstimmen. Möglich sind aber auch Volksentscheide in einzelnen Mitgliedsländern. Wird der Vertrag von nur einem EU-Staat nicht ratifiziert, ist er gescheitert.

In Deutschland hängt es vom Inhalt des endgültigen Vertrages ab, ob nur der Bundestag entscheidet oder auch der Bundesrat zustimmen muss.

In vielen Handelsverträgen gibt es mittlerweile so genannte Investitionsschutzklauseln. Sie erlauben ausländischen Konzernen, vor einem „Schiedsgericht“ zu klagen, wenn es seine Gewinnerwartung durch politische Entscheidungen eines Staates verletzt sieht. Das „Schiedsgericht“ ist kein Gericht im herkömmlichen Sinne. Es besteht ausschließlich aus Wirtschaftsanwälten, die in einem Prozess die Rolle des Kläger-Anwalts, im nächsten Verfahren die Rolle des Anwalts der Beklagten, und ein anderes Mal die Rolle des Richters übernehmen. Es gibt keine Befangenheitsregeln und in der Regel keine Berufungsmöglichkeit, weshalb dieses äußerst mächtige Trio Urteile im Interesse zahlungskräftiger Mandanten fällen kann!

Eine exklusive Minderheit von hoch spezialisierten Rechtsexperten entscheidet über Entschädigungen in Milliardenhöhe – nur 15 Personen entscheiden mehr als die Hälfte aller Fälle. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, noch nicht einmal die Urteile und die Klageschriften werden in allen Fällen veröffentlicht. Die beteiligten Anwälte kassieren Honorare in Millionenhöhe.

Mit TTIP verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten zugleich, möglichen die Milliarden-Entschädigungen aus den Schiedsgerichtsklagen auch durchzusetzen. Es können Währungsreserven und Staatseigentum gepfändet werden, wenn Staaten nicht bereit oder in der Lage sind, zu bezahlen.

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Klagen vor solchen Schiedsgerichten ständig an, die Summen der zugebilligten Entschädigungen wachsen ständig. Am klagefreudigsten sind US-Investoren mit bisher 123 Klagen. Danach folgen die Niederlande mit 50, Großbritannien mit 30 und Deutschland mit 27 Klagen.

Eine neue Studie der London School of Economics hat jetzt (wie auch schon eine ältere Studie der Heinrich-Böll Stiftung) nachgewiesen, dass für Investorenklagen kein Bedarf besteht. Es gibt keine Schutzlücke für ausländische Investoren. In den von der Kommission angebrachten Fällen, bei den InvestorInnen Schwierigkeiten in den USA hatten, hätte ein Investor-Staat-Klagemechanismus auch nicht geholfen.

Im Frühjahr 2017 haben wir mit der Beteiligung von Campact-Aktiven ein Positionspapier für eine progressive Handelspolitik erstellt. Knapp 40.000 Personen nahmen dafür an einer Umfrage teil. Als die drei wichtigsten Forderungen haben die Campact-Aktiven hohe Standards, eine nachhaltige Landwirtschaft und eine Ablehnung der Sonderklagerechte für Konzerne ausgewählt. Grundsätzlich muss die EU-Handelspolitik dazu führen, dass Entscheidungsträger/innen wieder mehr Spielraum haben, um der Wirtschaft soziale und ökologische Leitplanken zu setzen. Handel darf nicht Zweck an sich sein, sondern ein Mittel, um die übergeordneten Ziele der EU wie Klimaschutz oder nachhaltige Entwicklung zu erfüllen. Hier können Sie unsere Ideen für eine andere Handelspolitik nachlesen.

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