Taktisches Wählen: Stimmen effektiv einsetzen

Am 23. Februar ist Bundestagswahl. Alle Umfragen zeigen: Die Union wird wahrscheinlich stärkste Kraft und die AfD so gut abschneiden wie nie.[1] Besonders übel: Wenn viele progressive Wähler*innen ihre Stimme Kleinparteien wie Volt oder der Tierschutzpartei geben, gehen diese Stimmen verloren. Und am Ende profitieren von dem Wahlergebnis die Konservativen und Rechtsextremen – sie ziehen mit noch mehr Abgeordneten in den Bundestag ein. Auf dieser Seite erfährst Du:

Die folgende Grafik zeigt, wie viele Stimmen Kleinstparteien wie die ÖDP und die Piratenpartei jeweils bei der letzten Bundestagswahl erhalten haben. Der Abstand zur Fünfprozenthürde ist bei allen beträchtlich. Bleibt eine Partei bei unter 5%, zieht sie nicht in den Bundestag ein – die Stimmen sind verloren. Kennst Du jemanden, der eine Kleinpartei wählen möchte? Dann teile jetzt die Grafik!

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Was ist taktisches Wählen?

Taktisch oder auch strategisch zu wählen bedeutet, sich darüber Gedanken zu machen, was die eigene Stimme bewirkt. Unter bestimmten Bedingungen kann es förderlich sein, eine andere als die bevorzugte Partei zu wählen. Das ist dann ratsam, wenn die Lieblingspartei keine realistische Chance hat, über die Fünfprozenthürde zu kommen und in den Bundestag einzuziehen. Ignoriert man die politischen Umstände, besteht das Risiko, dass die eigene Stimme am Ende nicht zählt.

Es ist also sinnvoll zu überlegen, welche anderen Parteien ähnliche Inhalte wie die bevorzugte Partei vertreten und gute Aussichten haben, in den Bundestag zu kommen. Denn nur Parteien, die im Parlament vertreten sind, können für die Positionen ihres Wahlprogramms auch einstehen.

Den Rechtsruck bremsen

Die AfD könnte bei der Bundestagswahl am 23. Februar auf rund 20 Prozent der Wählerstimmen kommen. Damit würde sie stärker abschneiden als je zuvor bei einer Bundestagswahl. Die Rechtsextremen würden dann mit mehr als 100 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Sie hätten Anspruch auf weitere Steuer-Millionen aus der staatlichen Parteienfinanzierung und bekämen deutlich mehr Redezeit im Bundestag. Das ist fatal, denn die AfD gefährdet unsere Demokratie. Gleichzeitig rücken CDU und CSU unter ihren Vorsitzenden Friedrich Merz und Markus Söder immer weiter nach rechts. Progressive Parteien sind so schwach wie nie.

Deshalb sollten sich fortschrittliche Bürger*innen überlegen, wie sie bei der kommenden Wahl ihre Stimme am besten nutzen. Denn der Sozialstaat, der Klimaschutz und progressive Werte sind in Gefahr.

Das Problem mit den Kleinparteien

Eine Stimme für eine der kleinsten Parteien könnte die politische Lage in Deutschland weiter verschärfen. Auf den ersten Blick wirkt das widersprüchlich – stehen Volt, die Tierschutzpartei oder die Piraten doch für Klimaschutz und grenzen sich klar von Rechts ab. Auch deshalb erwägen immer mehr fortschrittlich denkende Menschen, ihre Stimme einer Kleinpartei zu geben. Doch das Problem ist real: Bei der anstehenden Wahl werden diese Parteien laut allen Umfragen an der Fünfprozenthürde scheitern und es nicht in den Bundestag schaffen. Das schwächt SPD, Grüne und Linke. Schlimmer noch: CDU und AfD würden davon bei der Sitzverteilung im Parlament überdurchschnittlich profitieren. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 sind so bereits 4 Millionen Wählerstimmen verloren gegangen – Tendenz steigend.[2]

Die Rolle der Fünfprozenthürde

Bei der Bundestagswahl gilt die Fünfprozenthürde – auch Sperrklausel genannt. Das heißt: Nur Parteien mit mindestens 5 Prozent der Wählerstimmen ziehen ins Parlament ein. Parteien, die daran scheitern, bleiben außen vor. Ihre Stimmen verfallen. Davon profitieren die erfolgreichen Parteien, denn ihr Anteil an den Parlamentssitzen wächst. Denn je stärker eine Partei bei den Zweitstimmen abschneidet, desto mehr Sitze im Bundestag stehen ihr zu. Bei der kommenden Wahl dürften vor allem CDU und AfD davon profitieren.

In dieser Grafik kannst du sehen, wie insbesondere starke Parteien von Stimmen für Kleinstparteien profitieren.

Politikwissenschaftlerin Heinrike Rustenbeck von der Technischen Universität Chemnitz fasst es treffend zusammen: „Werden Parteien gewählt, die es nicht über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, bedeutet das natürlich, dass die abgegebenen Stimmen, die sich auf diese Parteien vereinen, nicht in Form von Mandaten im Parlament vertreten sind.“ Und sie schließt eine Warnung an: „Wenn man in Zeiten des wachsenden Extremismus taktisch wählen möchte, um diesem (Kräfteverschiebung zu Gunsten der AfD, Anmerkung der Redaktion) parlamentarisch etwas entgegenzusetzen, ist die Wahl einer Klein- oder Kleinstpartei, bei der die Fünf-Prozent-Hürde in weiter Ferne liegt, tatsächlich keine gute Idee“.[3]

Volt, Tierschutzpartei, Piraten & Co. haben keine Chance

Aktuellen Wahlumfragen zufolge stehen progressive Kleinparteien bei deutlich unter 5 Prozent.[4] Auch Volt, die zuletzt stärkste dieser Parteien, wird sehr wahrscheinlich an der Fünfprozenthürde scheitern. Während kleine Parteien bei der Europawahl mit wenigen Prozentpunkten ins EU-Parlament einziehen können, ist dies bei der Bundestagswahl ausgeschlossen. Zusammengerechnet verliert das progressive Lager dadurch bis zu sechs Prozent der Stimmen.[5] Rechts von der Mitte wählen die Menschen eher Union und AfD. Kleinparteien erhalten dort weniger Stimmen, und die Verluste durch den Nicht-Einzug in den Bundestag fallen geringer aus.

Kleinstparteien werden zwar in seriösen Wahlumfragen abgefragt, solange sie aber nicht mindestens bei 3 Prozent landen, werden sie bei der Veröffentlichung nicht einzeln ausgewiesen, sondern unter „Sonstige“ zusammengefasst. Aus diesem Grund tauchen Volt, ÖDP und Tierschutzpartei nicht bei den großen Umfrageinstituten auf. Diese Grafik basiert auf dem PolitPro Wahltrend, der sich aus vergangenen Wahlergebnisse und Umfragen zusammensetzt.

Umfrageergebnisse der Kleinparteien in Prozent verteilt auf die Bundesrepublik. Ergebnisse von Volt, Die Partei und Tierschutzpartei
Grafik: Jenny Harbauer/ Campact

Bei einer früheren Version der Grafik „PolitPro Wahltrend für Kleinparteien“ haben wir die Überschrift „Umfrageergebnisse Kleinparteien“, angelehnt an die Quelle PolitPro – Politik, News & Wahltrends, übernommen. Diese Überschrift war missverständlich, deshalb haben wir sie korrigiert.

Taktisch wählen wirkt

Beispiele für erfolgreiche Wahlstrategien

Strategische Wahlentscheidungen können etwas verändern. Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen verhinderten sie eine Sperrminorität der AfD, die der Partei die Möglichkeit gegeben hätte, wichtige Beschlüsse im Landtag zu blockieren. Durch den gezielten Einsatz der Erststimme in bestimmten Wahlkreisen ist es den Wähler*innen gelungen, die Linke in den sächsischen Landtag zu bringen. Denn wie auf Bundesebene gibt es in Sachsen eine Grundmandatsklausel: Gewinnt eine Partei genug Wahlkreise über die Erststimme, umgeht sie die Sperrklausel und zieht auch mit weniger als 5 Prozent ins Parlament ein. Nur durch den Einzug der Linken fehlte der AfD am Ende ein Sitz zur Sperrminorität und damit zu einem mächtigen Blockadeinstrument.

Auch wenn Deine Stimme nur eine von vielen ist – überlege Dir, sie strategisch einzusetzen, um ihre Wirkung zu verstärken und einen echten Unterschied zu machen.

Taktisch wählen bei der Bundestagswahl

Bei der kommenden Bundestagswahl droht Deutschland ein massiver Rechtsruck. Progressive Parteien könnten historisch schlecht abschneiden. Damit Deine Stimme zählt, wähle eine Partei, die realistische Chancen hat, in den Bundestag einzuziehen. Im progressiven Lager sind das derzeit die Grünen, die SPD und die Linke. Je mehr demokratische Abgeordnete in den Bundestag kommen, desto weniger Sitze erhält die AfD. Das würde die Rechtsextremen empfindlich treffen. Mit jedem Sitz weniger sinkt ihr Einfluss. Hilf mit, progressive Politik zu sichern – wähle strategisch!

Volt – Was bringt eine Stimme für die Partei? Erfahre mehr über Volt, ihre Ziele und die Auswirkungen einer Stimme für die Partei auf die Politik nach der Bundestagswahl in Deutschland. Mehr erfahren

FAQ: Taktisch wählen, Die Linke und die Bedeutung von Kleinparteien

Die Linke ist seit 20 Jahren durchgehend im Deutschen Bundestag vertreten und hat auch bei dieser Wahl, trotz schlechter Umfrageergebnisse, eine realistische Chance auf den Wiedereinzug. Grund dafür ist die sogenannte Grundmandatsklausel. Gewinnt eine Partei drei Direktmandate über die Erststimmen, gilt für sie die Fünfprozenthürde nicht. Sie zieht mit ihrem gesamten Zweitstimmenanteil in den Bundestag ein. Die Linke ist bereits bei der vergangenen Bundestagswahl mithilfe der Grundmandatsklausel in den Bundestag gekommen. Auch bei dieser Wahl haben Kandidaten der Linkspartei eine realistische Chance, mindestens drei Direktmandate zu holen. Die Gefahr, dass Wählerstimmen für die Linke am Ende verschenkt sind, ist deshalb gering.

Viele progressive Menschen haben im Wahlomat hohe Übereinstimmungen mit Volt, den Piraten oder der Tierschutzpartei. Diese Parteien stehen inhaltlich für progressive Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder ein starkes Europa ein. Allerdings präsentieren sich Kleinparteien im Wahlomat oft nicht mit einem ausgereiften Programm. Vielmehr zielen sie darauf ab, progressive Wähler*innen im Wahlkampf auf sich aufmerksam zu machen. Außerdem können sich Kleinparteien für ihre Themen nicht konkret einsetzen, wenn sie nicht im Parlament vertreten sind. Den Parteien, die ins Parlament kommen und wirklich Politik machen können, fehlen diese Stimmen. Daher solltest Du Deine Wahlentscheidung nicht nur mit dem Wahlomat treffen.

Um die gesellschaftlichen Fortschritte der letzten Jahre zu verteidigen, müssen progressive Parteien möglichst stark im Parlament vertreten sein. Du verschenkst Deinen Einfluss, wenn Du mit Deiner Zweitstimme eine Partei wählst, die keine realistische Chance hat, in den Bundestag zu kommen. Profitieren werden davon vor allem CDU und AfD. Deine Zweitstimme kannst Du strategisch einsetzen, wenn Du je nach persönlicher Präferenz SPD, Grüne oder die Linke wählst.

Kleinparteien greifen oft spezifische Themen auf und bringen sie in den politischen Diskurs ein. Engagierte von Volt & Co. haben in den letzten Wochen in allen Bundesländern unter großem zeitlichen Druck Tausende von Unterschriften gesammelt, damit ihre Parteien zur Wahl zugelassen werden. Das ist beeindruckend. Die Hürden des Bundeswahlgesetzes sind hoch, sodass viele Parteien trotz dieses Einsatzes nicht oder nicht in jedem Bundesland auf dem Stimmzettel stehen werden. 

Kleinparteien sind wichtig, weil sie immer wieder neue Parteien hervorbringen –  wie einst die Grünen, die Linke und die Piraten. Doch durch das Erstarken rechter Kräfte ist unsere demokratische Gesellschaft in ernsthafter Gefahr. Da Volt, die Partei, ÖDP, die Piraten und die Tierschutzpartei mit großer Wahrscheinlichkeit an der Fünfprozenthürde scheitern werden, sind die Stimmen für diese Parteien verloren.

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Viele Menschen sind noch unsicher, welche Partei sie am 23. Februar wählen. Teile diese Informationen jetzt mit Menschen, die ihre Stimme wirksam gegen Rechtsextremismus einsetzen wollen!

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Quellen:

[1] „Neueste Wahlumfragen im Wahltrend zur Bundestagswahl“, DAWUM, 2025: Link
[2] „Bundestagswahl 2021“, Die Bundeswahlleiterin, 2025: Link
[3] „Die Angst vor der verschenkten Stimme“, Web.de, 2025: Link
[4] „Neueste Wahlumfragen im Wahltrend zur Bundestagswahl“, DAWUM, 2025: Link
[5] „AfD springt nach Weidels Hitler-Aussagen auf 20 Prozent“, ntv, 2025: Link