11.000 fordern Aufnahme der Geflüchteten aus Moria und die Evakuierung der griechischen Lager

Berlin, 20. September 2020 In verschiedenen Städten Deutschlands (u.a. Berlin, Köln, München) und Europas (u.a. Paris, Lissabon, Stockholm) fanden heute Proteste für die Aufnahme der Menschen aus den griechischen Lagern statt. In Berlin schlossen sich 11.000 Menschen der Demonstration an. 60 Organisationen der Zivilgesellschaft hatten unter dem Slogan “Es reicht! Wir haben Platz” zu den Protestaktionen aufgerufen.

Die Proteste üben scharfe Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Europäischen Union. Die EU lässt Menschen auf ihrer Suche nach einem sicheren Leben im Mittelmeer ertrinken und setzt sie an den europäischen Außengrenzen in Lagern fest. Nach dem Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos haben nun 13.000 Geflüchtete auf einen Schlag ihr letztes Dach über dem Kopf verloren.

Alleine in Deutschland haben sich über 170 Städte zum “Sicheren Hafen” erklärt und sind bereit, zusätzlich schutzsuchende Menschen bei sich aufzunehmen. Jüngst signalisierten auch Bundesländer wie Berlin, Thüringen und Bremen der Bundesregierung ihre Aufnahmebereitschaft. Die Länder und Kommunen zeigen, dass der Willen und die Kapazitäten da sind, alle Menschen aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Die 1553 Menschen, deren Aufnahme die Bundesregierung angekündigt hat, sind zu wenig.

Über 60 Initiativen und Organisationen, u.a. die Evangelische Kirche Deutschlands, ProAsyl, Seebrücke, Migrantifa, Campact, Brot für die Welt, Diakonie, Der Paritätische, We’ll Come United, Deutscher Kinderschutzbund, Fridays for Future und Seenotrettungsorganisationen, fordern daher von der Bundesregierung, die Aufnahmebereitschaft der Kommunen und Länder nicht länger zu blockieren und alle Menschen aus den griechischen Lagern zu holen.

„Wir sprechen im Jahr 2020 immer noch von Lagern, in denen Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Die Bundesregierung versagt, sie muss endlich Abstand von ihrer Abschottungspolitik nehmen. Es ist Zeit, dass Kanzlerin Merkel endlich wieder für Menschenrechte eintritt. Deutschland muss vorangehen und alle Menschen aus Moria aufnehmen“, so Tareq Alaows von der Seebrücke, Sprecher des Aktionsbündnisses.

Hinweise für Redaktionen:
Bilder der Aktionen zur redaktionellen Verfügung: https://www.dropbox.com/sh/mc79w1jrd5ypfjq/AAAU938-ENDPE-sQGBndwQWga?dl=0

Das Bündnis hat in einem gemeinsamen Aufruf klare Forderungen an die Bundesregierung formuliert. Den offiziellen Aufruf sowie eine Liste der Unterzeichner/innen finden Sie hier: https://seebruecke.org/events/moria-brennt-grossdemo/

 


Rede von Campact-Vorstand Christoph Bautz (es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Freund*innen, 

hell, freundlich, lichtdurchflutet, fast einladend sah das Konrad-Adenauer-Haus, die Bundesgeschäftsstelle der CDU heute aus, an dem wir gerade vorbeigelaufen sind. Doch diese Partei, die das C so stolz im Namen führt, und ihr Innenminister bauen in diesen Tag an einem ganz anderen Gebäude: einem mit hohen, abweisenden Mauern, mit Lagern des Leids und einem Meer des Todes an ihren Füßen. Sie bauen gemeinsam mit vielen anderen Regierungen an der Festung Europa. Diese Festung zerstört die Grundidee eines Kontinents, der sich einst unter dem Banner von Humanität und Menschenrechten, von Zivilität und Menschlichkeit zusammengefunden hatte.

Was auf Lesbos und Samos in Griechenland, in den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla, in der See vor Sizilien und Malta passiert – das ist ein Verbrechen. Und dieses Verbrechen trifft heute auf diesen tausendfachen Widerstand! 

Natürlich: Europa an seinen Grenzen zu einem lichtdurchfluteten Haus umbauen, in das jede*r einfach mal so eintreten kann – das ist nicht einfach. Und ein “Grenzen auf für alle” ist eher die Vision, wo wir langfristig hinmüssen, als sofort umsetzbar. Doch Europa zur Festung auszubauen ist eine zivilisatorische Bankrotterklärung. Nur ein Recht auf Asyl, das man auch einlösen kann, ist ein Recht auf Asyl! Sorgt für sichere Fluchtwege – mit der Festung Europa muss Schluss sein!

Doch diese Festung hat in ihren Mauern immerhin noch ab und an kleine Risse der Menschlichkeit. Kleine Fugen der Humanität. Kleine Blumen des Mitgefühls, die dort im kalten Wind sprießen. Man nennt die Risse, Fugen und Blumen auch Seebrücke oder Sea-Watch, Louise Michel oder Ocean Viking. Ich danke denen, die diese Momente der Hoffnung mit ihrem Engagement dort unten am Mittelmeer entstehen lassen. Das hier ist Euer Applaus. Wir sind stolz auf Euch!

Nicht nur in Moria hat es die Tage gebrannt, sondern auch in ein ganz anderen Teil der Welt steht in Flammen – Kalifornien. In einem Land, in dem viele bis zum Präsidenten die Klimaerhitzung einfach wegleugnen, machen die Brände jetzt allen klar: Die Klimakrise ist längst bittere und brutale Realität. Und das, wo wir auf dem globalen Temperaturbarometer erst eine Erhöhung von 1,1 Grad zu verzeichnen haben. Wie wird erst eine 2-, eine 3-, eine 4-Grad-Welt aussehen, auf die wir gerade ungebremst zurasen?!

Alles deutet darauf, dass sie apokalyptisch wäre, eine geradezu dystopische Vorstellung. Ganze Länder unbewohnbar würden, Millionen ihr Zuhause, ihre Heimat, ihre Liebsten verlieren. Dass vor allem die Länder darunter am meisten leiden würden, die die Klimakrise am wenigsten zu verantworten haben. Und die geringsten Ressourcen besitzen, um ihre Bürger*innen zu schützen. 

Vielen wird dann nur ein Ausweg bleiben: Flucht. Was wird dann an den Grenzen Europas sein, werden dann Tausende Morias entstehen? Das Leid will man sich nicht vorstellen und wir müssen alles tun, um es niemals Realität werden zu lassen. Genau deshalb möchte ich Euch zurufen: Lasst uns zusammen streiten – die Bewegung für die Rechte der Geflüchteten und die Bewegung zur Rettung des Weltklimas. Lasst uns gemeinsam die Klimakrise stoppen und uns mit den Kohle-, Öl- und Gas-Konzernen dieser Welt ganz entschieden anlegen!

Widerstand leisten gegen Profit der wenigen auf Kosten unser aller Zukunft – das geschieht in diesen Tagen an etlichen Stellen. 

    • Lasst uns solidarisch sein mit all denen, die heute zur gleichen Stunde am Dannenröder Wald demonstrieren, wo Verkehrsminister Scheuer und die hessische Landesregierung einen uralten Wald für 43 Kilometer Autobahn zerstören wollen. Eine neue Megastraße in Zeiten der Klimakrise – das ist Irrsinn!
    • Lasst uns solidarisch sein mit den Tausenden, die am kommenden Wochenende im Rheinischen Kohlerevier die Bagger in den Tagebauen und die Kohlebahnen zu den Kraftwerken friedlich und entschlossen blockieren wollen. Und dort sagen: Es ist Ende Gelände für die Kohle!
    • Und lasst uns solidarisch sein mit Fridays for Future, die rund um den Globus am kommenden Freitag für die Rettung des Planeten auf die Straße gehen. In Berlin um 12 Uhr am Brandenburger Tor – und ich setze darauf, dass ich euch alle da wieder treffe!

Liebe Freund*innen, in diesen häufig so düsteren Zeiten müssen wir zusammenstehen, wenn es Menschenrechte und die Zukunft des Planeten zu verteidigen gilt. Wir kämpfen gemeinsam!

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