6 Tipps fürs Gespräch mit AfD-Sympathisant*innen

Ob in der Mittagspause mit Arbeitskolleg*innen, beim Abholen der Tochter aus dem Kindergarten oder beim Spieleabend mit alten Freund*innen: Wenn jemand plötzlich Sympathien zur rechtsextremen AfD äußert, trifft uns das oft völlig unvermittelt. Die richtigen Argumente zu finden, ist dann schon schwer genug. Bei so einem Gespräch geht es um viel mehr als nur den Austausch von Informationen. Entscheidend für den Verlauf ist, wie wir eine Diskussion führen und welche Kommunikationsstrategien wir verwenden. Unsere sechs Tipps geben Dir eine Stütze für das Gespräch mit AfD-Sympathisant*innen.

Illustration zeigt einen Menschen umgeben von Fragezeichen, Stopp-Symbolen und Ausrufezeichen.

Zu Beginn: Lass Dich nicht entmutigen, wenn Deine Überzeugungsversuche nicht klappen. Bei Menschen mit gefestigt rechtsextremem Weltbild ist es nur schwer möglich, sie für die Demokratie zurückzugewinnen. Die Parolen von Björn Höcke und anderen Rechtsextremen haben nichts mit demokratischem Meinungsaustausch zu tun, sondern sollen Menschen gezielt verängstigen und zu Hass anstiften. Hast Du das Gefühl, Dein Gegenüber verschließt sich Deinen Argumenten komplett, ist es völlig in Ordnung, die Diskussion nicht fortzusetzen.

Anders sieht es bei Gesprächen mit Menschen aus, die an ihrer Wahlentscheidung zweifeln oder unsicher sind, ob sie überhaupt wählen sollen. Dann kann Dein Engagement den entscheidenden Unterschied machen!

Gesprächstipps für Diskussionen mit AfD-Sympathisant*innen

Rechtsextreme Parolen oder Sympathiebekundungen mit der AfD können uns in den verschiedensten Kontexten begegnen. In einem Eins-zu-eins-Gespräch kannst Du zum Beispiel viel ausführlicher und vertrauter diskutieren als in einer Gruppe. Hören noch weitere Menschen mit, hast Du hingegen den Vorteil, genau diese zu Deiner eigentlichen Zielgruppe zu machen. Das Gesprächsziel wäre in diesem Fall nicht, den*die AfD-Unterstützer*in zu überzeugen – sondern Haltung zu zeigen und den Mithörenden deutlich zu machen, dass die geäußerte AfD-Position faktisch und moralisch nicht zu halten ist. Du ermutigst damit auch die Menschen in der Gruppe, die ebenfalls anderer Ansicht sind, aber still bleiben.

Lege also für Dich selbst Gesprächsziele fest: Möchtest Du Dein Gegenüber überzeugen oder umstehende Zuhörer*innen? Möchtest Du jemanden zur Wahl einer demokratischen Partei überzeugen oder nur eine Verständigung zu einem bestimmten Thema erreichen? Oder möchtest Du vielleicht nur, dass Deine Meinung gehört und wahrgenommen wird, um Grenzen aufzuzeigen? Durch eine realistische Zielsetzung ersparst Du Dir Frust und kannst Dich in der Diskussion besser fokussieren.

Verdeutliche Dir im Gespräch, welche Beziehung Du zu deinem Gegenüber hast und in welcher Rolle Du sprichst. Wenn bereits ein Vertrauensverhältnis besteht, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Du die Person mit Deinen Ansichten erreichen kannst. Oft ist es jedoch schwierig, aus bestehenden Beziehungsmustern auszubrechen – zum Beispiel wenn es um die eigenen Eltern geht. Mach Dir Deine Rolle darum vorher deutlich und argumentiere aus dieser heraus. 

Wenn Dir die Person sehr nah steht und Dich politische Diskussionen zunehmend belasten – etwa weil immer wieder rassistische Bemerkungen fallen – kannst Du versuchen, eine Trennung zwischen Person und politischer Meinung herzustellen. So kannst Du beispielsweise vor der Person klarstellen, dass Du sie zwar gern hast, aber dass Du keine rassistischen Parolen bei gemeinsamen Treffen akzeptierst.

Bevor Du inhaltlich auf Argumente Deines Gegenübers eingehst, mach einen Schritt zurück und frage Dich, welche Taktik er*sie eigentlich verfolgt. Weise Dein Gegenüber auf die verwendete Argumentationstaktik hin, statt inhaltlich auf das Gesagte einzugehen. 

  • Springt Dein Gegenüber wild zwischen Themen umher, sodass Du mit Gegenargumenten gar nicht hinterherkommst?
    • „Da hast Du gerade sehr viele Dinge angesprochen. Lass uns das mal einzeln durchgehen.“
  • Benutzt er*sie anekdotische Evidenz – also Berichte „aus dem Hörensagen“ – als Argument, indem er*sie aus Einzelbeispielen pauschale Vorurteile ableitet?
    • „Du nutzt gerade ein Einzelbeispiel, um eine ganze Gruppe zu diffamieren.“
  • Überträgt er*sie gesamtgesellschaftliche Probleme auf einzelne Gruppen?
    • „Dieses Problem gibt es doch in jeder Gesellschaft. Du tust so, als käme es ausschließlich in einem Kulturkreis vor.“
  • Vereinfacht er*sie komplexe Probleme, indem er*sie einfache Lösungen anbietet?
    • „Natürlich ist das ein großes Problem. Aber mit dieser vermeintlichen Lösung vereinfachst Du die Realität gerade stark.“
  • Stellt er*sie provokante Thesen in dem Raum, nur um kurz danach zu beteuern, es wäre nicht so gemeint gewesen?
    • „Ich habe das Gefühl, dass Du mit Deiner Aussage gerade hauptsächlich provozieren möchtest. Was Du eben gesagt hast, war rassistisch.“

Wenn Du Zeit für das Gespräch mitbringst und hoffst, Dein Gegenüber überzeugen zu können, ist es hilfreich, erst einmal Fragen zu stellen. So findest Du heraus, woher Dein*e Gesprächspartner*in ihre Ansichten hat und wie er*sie diese meint.

Damit signalisierst Du einerseits aufrichtiges Interesse an einem ernsten Gespräch, andererseits forderst Du Dein Gegenüber auch in seinen*ihren Argumenten heraus. Statt es bei oberflächlichen Parolen zu belassen, muss er*sie ihre Argumentation vertiefen. Die Quellenangaben deiner*s Gesprächspartner*in geben Dir Hinweise darauf, wie seriös die Information zu bewerten ist. Nebenbei steuerst Du so die Richtung des Gesprächs und verschaffst Dir Zeit, um eigene Argumente zurechtzulegen. 

Mit Fragen zeigst Du Deine*r Gesprächspartner*in außerdem, dass Du sie*ihn ernst nimmst – und nicht direkt verurteilst. Achte darauf, dass Deine Fragen einfühlsam und interessiert klingen statt überheblich und verurteilend. Mit einer Frage dazu, wie ein bestimmter Missstand Dein*e Gesprächspartner*in in ihrem*seinen Alltag konkret beeinflusst, nimmst Du ihre*seine Sorgen und Ängste ernst. Sprich auch Gemeinsamkeiten an, wenn Du bestimmte Sorgen teilst. Gleichzeitig kannst Du hinterfragen, ob das Programm der AfD wirklich Lösungen für diese Sorgen anbietet. Du kannst auch versuchen, andere Lösungsansätze ins Spiel bringen.

So können Deine Fragen zum Beispiel aussehen:

  • „Wo genau hast Du das denn gelesen?“
  • „Warum genau fühlst Du Dich denn in Deiner Nachbarschaft nicht mehr sicher?“
  • „Sollten wir dann nicht lieber das Bürgergeld erhöhen, statt Leistungen für Geflüchtete zu streichen?“

Manchmal hilft es in Diskussionen, den sachlichen Schlagabtausch zu unterbrechen und das Gespräch auf eine emotionale Ebene zu lenken. Wenn Du Deine*n Gesprächspartner*in besser kennst, kannst Du zum Beispiel Verwunderung über getätigte Aussagen äußern oder Dich auf gemeinsame Erlebnisse berufen. Damit machst Du abstrakte Themen erlebbar und beziehst sie auf Euer alltägliches Leben. Wichtig sind dabei Ich-Botschaften: So kannst Du Kritik zum Ausdruck bringen, ohne dabei zu anklagend zu klingen.

Im Gespräch kannst Du außerdem Empathie und einen Perspektivwechsel einfordern. Frage die Person, wie sie sich fühlen würde, wenn sie vor Krieg, Hunger oder Armut flüchten müsste. Oder erzähle selbst, wie Du Dich in so einer Situation fühlen würdest. 

Sprich Dein Gegenüber auch darauf an, welche Werte er*sie vertritt und teile deine eigenen Leitbilder: zum Beispiel der Wunsch, in einer toleranten Gesellschaft zu leben, die keine Minderheiten diskriminiert und in der Menschenrechte universell sind. In diesem Zuge kannst Du auch eigene Gefühle offenbaren, etwa indem Du ausdrückst, was Dir persönlich an der AfD Angst macht.

So kann das zum Beispiel klingen:

  • „Ich halte Dich eigentlich für einen sehr weltoffenen Menschen. Deshalb wundert es mich, warum Du hier so ein rassistisches Argument verwendest.“
  • „Ich würde gerne in einer toleranten Gesellschaft leben, in der jeder seine Sexualität und Geschlechtsidentität frei ausleben kann. Wie siehst Du das?“

Bestehe während der Diskussion auf der Einhaltung von Gesprächsregeln: Verbale Ausfälle wie Dazwischenreden, Schreien oder Beleidigungen verhindern ein konstruktives und respektvolles Gespräch. 

Kennst Du Deine*n Gesprächspartner*in besser, kannst Du vorschlagen, die Diskussion zu vertagen und das Thema zu wechseln. Diese Option solltest Du auch in Betracht ziehen, wenn Du Dich selbst nicht in guter Verfassung fühlst, etwa weil Du müde oder gestresst bist. So verschaffst Du Dir Zeit, um durchzuatmen, Sachargumente nachzuschauen und die Stimmung etwas runterkühlen zu lassen. 

Wenn Du Dich in der Gesprächssituation nicht mehr wohl fühlst, etwa weil menschenfeindliche Aussagen gefallen sind oder Du das Gefühl bekommst, mit einer Wand zu reden, ist es vollkommen in Ordnung, das Gespräch abzubrechen. Damit respektierst Du Deine eigenen Grenzen. Wenn Du möchtest, kannst Du Deinem Gegenüber in diesem Fall den Grund mitteilen, warum für Dich nun eine Grenze überschritten ist und Du das Gespräch abbrechen möchtest. 

Möchte Dein Gegenüber das Gespräch beenden, solltest auch Du seine*ihre Grenzen respektieren. Gegebenenfalls kannst Du versuchen, das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen.

So könntest Du das Gespräch beenden und vertagen:

  • „Puh, das ist wirklich ein emotionales und wichtiges Thema. Ich würde mich gerne zu einem anderen Zeitpunkt nochmal mit Dir austauschen.“
  • „Ich merke, wir haben da ganz schön andere Standpunkte. Lass uns doch beide nochmal in Ruhe darüber nachdenken und beim nächsten Mal weiter diskutieren.“

Egal, wie viele Argumente und rhetorische Ratschläge man sich durchliest: Nichts hilft so sehr, wie Gesprächssituationen zu üben. Probiere das doch mal in einem Rollenspiel mit Freund*innen oder Deinem Partner*Deiner Partnerin aus. Dabei übernehmt ihr abwechselnd die Rolle des*der AfD-Sympathisant*in.
 
Ein tolles Angebot ist auch das „Stammtischkämpfer*innen-Seminar“ des Bündnis Aufstehen gegen Rassismus. Dort übt man gemeinsam, wie man auf rassistische Parolen reagieren kann. Hier findest Du die aktuellen Termine.

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