Kein Rettungsgeld für Klimasünden und Steuertricks

Die Lufthansa wollte in der Coronakrise Milliarden vom Staat – aber zugleich weiter das Klima ruinieren und Geschäfte in Steueroasen machen. Campact forderte in einem Appell mit fast 300.000 Unterstützer*innen: Die Regierung muss hart bleiben – und die Staatshilfen an Bedingungen knüpfen!

Aktion von Campact gegen bedingungslose Rettungsgelder für die Lufthansa.

Übergroße Papierflieger­ aus­ Geldscheinen gleiten vorm Kanzleramt durch die Luft – und landen zielsicher in einem großen Lufthansa-Koffer. Mit dieser Aktion haben wir im Mai 2020 gegen das Corona-Rettungspaket ­für ­die ­Lufthansa protestiert. Der Skandal: Die Gelder wurden völlig ohne Auflagen an Klimaschutz oder Steuertransparenz bewilligt – obwohl es um neun Milliarden Euro ging! Dabei wären solche Auflagen dringend nötig gewesen. Schließlich stößt die Lufthansa jedes Jahr 33 Millionen Tonnen CO2 aus und vermindert Steuerzahlungen in Deutschland durch Tochterfirmen in Steuerparadiesen wie Malta. Fast 300.000­ Menschen ­haben­ unseren­ Appell­ gegen­ die bedingungslosen Steuermillarden unterzeichnet. Damit haben wir gemeinsam deutlich gemacht: Staatshilfen müssen dem Gemeinwohl dienen und nachhaltig eingesetzt werden. Das werden wir auch in Zukunft immer wieder einfordern!

Blog 10. Dezember 2020 Den Milliarden auf der Spur Milliarden für Unternehmen, die Steuerfairness und Klimaschutz verweigern – mit fast 300.000 Unterstützer*innen, einer spannenden Studie und zwei starken Kampagnenpartnern haben wir Einspruch erhoben. Mehr erfahren

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5-Minuten-Info: Darum ging es bei den Rettungsgeldern

Es gibt Fördertöpfe für Kurzarbeit, die Entlassungen verhindern sollen und Arbeitnehmer*innen bis zu 87 Prozent des Nettoeinkommens sichern. Außerdem vergibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) staatliche Hilfen, die Unternehmen bei ihren Hausbanken beantragen können. Als drittes gibt es noch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von 600 Milliarden Euro, der im Eilverfahren am 23. März 2020 verabschiedet wurde. Er ist vor allem für große Konzerne wie die Lufthansa gedacht. Der Fonds kann als Sicherheit dienen, damit Unternehmen neue Kredite aufnehmen können. Er macht auch direkte Kredite möglich. Zudem sind 100 Milliarden Euro dafür gedacht, dass der Bund sich direkt an Unternehmen beteiligt. Die KfW-Kredite für kleine und mittlere Unternehmen sind an ziemlich klare Vorgaben geknüpft, die zum Beispiel das Einkommen der Geschäftsführung deckeln. Solche Bedingungen sind bei großen Unternehmen bisher nicht vorgesehen. Von Unternehmen, die Kredite über mehr als 500 Millionen Euro bekommen, erwartet das Bundeswirtschaftsministerium zwei Dinge: dass sie Bonuszahlungen für ihre leitenden Angestellten deutlich kürzen und Vorständen überhaupt keine Bonuszahlungen gewähren. Vorgeschrieben ist das aber nicht. Für die Gelder aus dem WSF gibt es aktuell keine Bedingungen.

Bei dem Rettungsgeld handelt es sich zum Teil um Steuergeld, das im Rahmen eines Nachtragshaushalts bereitgestellt wurde. Weil die aktuelle wirtschaftliche Krise so hohe Staatshilfen wie noch nie notwendig gemacht hat, muss die Regierung außerdem neue Schulden aufnehmen. Unter dieser Last der Zinsen und Tilgungen leiden kommende Generationen. Deswegen muss gelten: Wenn Unternehmen Hilfe aus der Kasse der Gemeinschaft wollen, dürfen sie nicht zugleich das Gemeinwohl schädigen, indem sie sich vor Steuerzahlungen drücken oder das Klima zerstören.

Nach den Eil-Beschlüssen des Bundestags liegt die Entscheidungsgewalt über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bei der Bundesregierung. Sie hat den sogenannten WSF-Ausschuss eingerichtet, der von sechs leitenden Beamt*innen aus den Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Verkehr, Arbeit, Justiz und vom Bundeskanzleramt besetzt ist. Dieser Ausschuss entscheidet über die Verteilung der WSF-Gelder. Der Haushaltsausschuss des Bundestags soll bei Beteiligungen über 500 Millionen Euro informiert werden.  Die konkreten Verhandlungen mit der Lufthansa führen Finanzministerium und Wirtschaftsministerium. Am Schluss steht nur noch die Genehmigung ihrer Pläne durch die EU-Kommission.

Klimaschäden erzeugen gesamtgesellschaftliche Kosten, weil sie unsere Lebensgrundlagen belasten oder sogar zerstören. Mit dem Einsatz von Steuergeldern müssen diese Lebensgrundlagen wieder hergestellt oder die Schäden abgemildert werden.  Das Umweltbundesamt hat errechnet, dass derzeit jede Tonne CO2, die in die Atmosphäre aufsteigt, etwa 180 Euro Kosten für die Gesellschaft verursacht. Die Lufthansa beispielsweise ist verantwortlich für über 32,6 Millionen Tonnen CO2 allein im Jahr 2018 – das waren über sieben Prozent mehr als im Vorjahr 2017. Darüber hinaus gilt: Wir können es uns nicht leisten, klimaschädliche Unternehmensstrategien jetzt noch durch Rettungsgeld zu erhalten und zu verlängern. Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden, müssen die Maßnahmen dazu beitragen, den CO2-Ausstoß deutlich zu verringern.

Ein Empfänger-Unternehmen von Rettungsgeldern aus dem Schnellprogramm der Staatsbank KfW darf an seine Spitzenverdiener – inklusive etwaiger Bonuszahlungen (Boni) – nicht mehr als 150.000 Euro pro Jahr zahlen. Das gilt aber nicht für die großen Konzerne. So zahlten sich in der Finanzkrise 2009 etliche Bank-Manager Millionenboni aus, obwohl sie Steuergelder in Anspruch nahmen.  In den letzten Wochen haben die großen Aktiengesellschaften zum Teil angekündigt, Dividenden zu kürzen. Auch manche Vorstände planen Kürzungen von Managergehältern. Aber das Bild ist ziemlich gemischt: So entschied sich beispielsweise der Autobauer Daimler beim bisherigen Dividenden-Vorschlag zu bleiben. Der Autozulieferer Knorr-Bremse erhöhte sogar seine Dividende. 

Dazu schreibt unser Kampagnenpartner Finanzwende: „Um sich steuerliche Vorteile zu verschaffen und um bestimmte Steuern gar nicht zu zahlen, nutzen manche Unternehmen Steueroasen, oder weniger beschönigend Schattenfinanzzentren genannte Länder. So lohnt es sich für sie zum Beispiel, eine Tochtergesellschaft auf den Kaimaninseln zu gründen oder ihren Hauptsitz nach Irland zu verlegen.  Ziel solcher Konstrukte ist es, Steuern zu vermeiden oder zu hinterziehen. Diese Gelder fehlen Staaten wie Deutschland dann in ihrem Haushalt. Schattenfinanzzentren sind zusätzlich Drehscheiben für Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Drogenhandel und weitere schädliche Aktivitäten. Wenn Unternehmen um staatliche Hilfen fragen, ist es also legitim zu verlangen, dass solche Strukturen abgebaut werden, damit die Infrastruktur der Schattenfinanzzentren nicht weiter gefördert wird.“

Dazu schreibt unser Kampagnenpartner Finanzwende: „Um diese Auflage umzusetzen, fordern wir einen detaillierten und öffentlichen Jahresbericht für jedes Tätigkeitsland eines Unternehmens. Ein öffentliches ’Country-by-Country Reporting’ zeigt klar auf, in welchem Land ein Unternehmen welche Ein- und Ausgaben hat sowie welche Steuern es wo zahlt. Diese Berichte müssen drei Jahre rückwirkend und ab jetzt jährlich veröffentlicht werden. So kann nachvollzogen werden, ob die Auflage, dass keine Gewinne verlagert werden können, auch eingehalten wird. Die drei Jahre rückwirkenden Berichte sind wichtig, um einen genauen Überblick zu der Unternehmensstruktur, Finanzflüssen und Steuermodellen zu bekommen und zu verfolgen, ob diese Strukturen abgebaut werden. Ab sofort müssen die Berichte jährlich veröffentlicht werden bis es keine steuergetriebenen Verbindungen mehr zu Schattenfinanzzentren gibt. Unternehmen sind oftmals weitverzweigte internationale Netzwerke. Sie verfügen über Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern, die wiederum über nationale Unternetzwerke verfügen können. Sie können auch Anteile an anderen Firmen halten (Anteilseigner ab 25 Prozent werden als Eigentümer angesehen), Filialen und Tochterunternehmen gründen oder Lizenzen verkaufen. Jedes Unternehmen ist frei darin, wie es sich strukturiert. Damit kann es allerdings auch beeinflussen, wie Kapital, Gewinne und Verluste intern miteinander verrechnet werden. Von außen kann es dadurch extrem kompliziert sein, solche Firmengeflechte zu durchschauen.“

In den ersten Wochen unserer Kampagne haben wir vor allem den Antrag der Lufthansa kritisch begleitet. Unser Kampagnenpartner Finanzwende konnte mit einer Fallstudie sehr gut nachzeichnen, wie Lufthansa mit großem Aufwand undurchschaubare Tochterunternehmen in Steueroasen betreibt. Die Entscheidung über die Rettung der Lufthansa ist gefallen, aber unsere Forderungen im Appell bleiben aktuell. Dieser erster Rettungsfall darf nicht zur Blaupause für weitere Rettungspakete werden. Deshalb streiten wir weiter gemeinsam für faire Auflagen für Konzerne. Bleiben Sie mit uns dran!

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