5-Minuten-Info

Warum ist der Vorschlag der EU-Kommission so problematisch?

Die EU-Kommission sieht vor, dass der Staat Chat-Nachrichten überwachen lässt – pauschal und ohne konkreten Verdacht. Konzerne wären dann verpflichtet, ihre eigenen Nutzer*innen auszuspähen, indem sie Nachrichten, Bilder und Videos mit Hilfe von künstlicher Intelligenz auf Straftaten untersuchen und vermeintlich verdächtige Inhalte an Polizeibehörden schicken.

Das ist ein massiver Angriff auf unsere digitale Privatsphäre: Auf WhatsApp, Signal, Telegram und Co würden die Nachrichten von Millionen unschuldiger Menschen auf verbotene Inhalte gescannt. Dabei ist unvermeidbar, dass auch harmlose Bilder und Nachrichten bei den Behörden landen. In Gesprächen per Brief schützt das Grundgesetz das Briefgeheimnis vor Überwachung. Doch bei digitalen Gesprächen wäre das ausgehebelt. Privatsphäre und Datenschutz auf dem Handy wären kaum noch möglich.

Warum hilft der Vorschlag nicht beim Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder?

Eigentlich sollen die EU-Pläne verhindern, dass Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im Netz verbreitet werden. Doch in der Praxis sind die Pläne kaum wirksam: Täter*innen nutzen selten Messenger-Dienste wie WhatsApp und Co, sondern eher Foren oder Online-Speicherdienste.

Die Pläne zur Chat-Überwachung gehen damit an der Realität vorbei. Stattdessen würde die EU Berge an harmlosen Bildern und Nachrichten anhäufen. Polizei und Ermittler*innen könnten diese Masse an Daten kaum wirksam kontrollieren und verfolgen.

Ohne Fragen gehören Kinder besser vor sexualisierter Gewalt geschützt. So werden zwar Betreiber*innen von Austauschforen regelmäßig gefasst, doch die Inhalte bleiben noch Monate nach der Verhaftung online. Das Bundeskriminalamt könnte sofort anfangen, solche Bilder löschen zu lassen.

Nicht nur im Netz, sondern auch offline brauchen Kinder mehr Schutz. Gut ausgestattete Jugendämter mit geschulten Mitarbeiter*innen müssen für Kinder erreichbar sein und bei Verdachtsfällen sofort die Initiative ergreifen können.

Welche Rolle hat Deutschland?

Die EU-Kommission hat den Gesetzentwurf am 11. Mai 2022 vorgestellt. Jetzt wird dieser Entwurf vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten diskutiert; für die Länder verhandeln die zuständigen Minister*innen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vertritt dabei Deutschland. Als Ministerin des größten EU-Landes hat ihre Stimme viel Gewicht. Dies muss sie jetzt nutzen, um die drohende Totalüberwachung von mehr als 440 Millionen EU-Bürger*innen zu verhindern. Schließlich hatte die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag noch versprochen: Wir bekommen ein Recht auf verschlüsselte – also private – Chats.

Warum ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung so bedeutend?

Mit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung können nur Sender*in und Empfänger*in eine Nachricht lesen. Selbst WhatsApp hat keinen Zugriff auf die Nachrichten der eigenen Nutzer*innen. Dass diese Technik mittlerweile so verbreitet ist, ist eine enorme Errungenschaft für den Datenschutz und für die private Online-Kommunikation.

Eine Chat-Überwachung muss diese Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufweichen – und schwächt damit automatisch die digitale Privatsphäre von uns allen. Denn gezielt nur die Verschlüsselung für bestimmte, mutmaßlich kriminelle Nutzer*innen zu schwächen, das ist technisch nicht möglich.

Spende für Protest gegen die Chat-Überwachung

Protest gegen Chatkontrolle. Eine Person mit roten Campact-Hoodie steht vor großen Smarthone-Pappaufstellern, welche mit gelben Leitungen verbunden sind.

Innenministerin Nancy Faeser kann die geplante Chat-Überwachung noch verhindern. Wir wollen sie dazu bringen: Mit Aktionen vor ihrem Ministerium, Zeitungsanzeigen und Protestbriefen. Mit einer Spende machst Du das möglich.

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