5-Minuten-Info
Palantir ist ein US-amerikanisches Überwachungsunternehmen, das Software zur Analyse großer Datenmengen anbietet. Die Gründung des Konzerns wurde maßgeblich von der CIA finanziert, dem Auslandsgeheimdienst der USA. Zu den Kunden gehören hauptsächlich Geheimdienste und Militärbehörden.
CDU und CSU möchten die deutsche Polizei mit der Palantir-Software „Gotham“ ausstatten. Diese wurde entwickelt, um Daten aus verschiedenen Quellen wie Polizeidatenbanken, Gesundheitsdaten oder Social-Media-Inhalte zusammenzuführen und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in Sekundenschnelle auszuwerten.
Das Zusammenführen und die dann automatisierte Analyse dieser riesigen Datensätze stellt einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre der Bundesbürger*innen dar. Die Software erstellt Profile aus Polizeidaten, um Straftaten zu verhindern und Verdächtige zu identifizieren – doch auch Zeug*innen, Opfer oder sogar völlig Unbeteiligte geraten dabei in den Mittelpunkt von polizeilichen Ermittlungen.
Für Außenstehende ist Palantir eine Blackbox. Nur der Konzern selbst weiß, wie die Software genau arbeitet; kaum jemand kennt den Software-Code. Schon jetzt entsendet Palantir eigene Mitarbeiter*innen in die deutschen Behörden, die Technologie bereits einsetzen, um die Software zu betreuen. Demokratische Kontrolle ist damit unmöglich. Allein in Bayern, wo die Software schon eingesetzt wird, haben Palantir-Mitarbeitende Zugriff auf die Daten von rund 30 Millionen Bürger*innen – das sind mehr als ein Drittel aller Deutschen.
Unter dem Deckmantel der Sicherheitspolitik treibt die Bundesregierung derzeit in zahlreichen Bereichen eine Ausweitung der staatlichen Überwachung voran. Vorhaben wie KI-Gesichtserkennung bei Videoüberwachung, Chatkontrolle und ein Zentralregister für psychisch kranke Menschen geben einen Vorgeschmack darauf, welche Daten in Zukunft in die Hände von Palantir geraten könnten.
In vielen Datensätzen sind People of Color überrepräsentiert – weil sie öfter durch die Polizei kontrolliert werden. Automatische Datenanalysen verstärken diese Diskriminierung, deshalb landen nicht-weiße Menschen überproportional häufig im Visier von Ermittler*innen.
Wie mit Hilfe von Palantir ein demokratischer Rechtsstaat in einen Überwachungsstaat verwandelt werden kann, sehen wir gerade in den USA. Dort nutzt die ultrarechte Trump-Regierung die Software bereits, um Migrant*innen aufzuspüren, zu deportieren und den autoritären Umbau des Staates voranzutreiben.
Bekommt Palantir Zugriff auf die Datenbank der deutschen Polizei, kann zudem niemand ausschließen, dass die Daten an US-Geheimdienste abfließen könnten. Der Cloud Act verpflichtet US-Unternehmen dazu, US-Behörden auf Anfrage Zugriff auf außerhalb der USA gespeicherte Daten zu gewähren. Zwar versichert Palantir-Gründer und Großaktionär Peter Thiel, Datenschutz ernst zu nehmen. Seine engen Verbindungen zur Trump-Administration und den US-Geheimdiensten geben jedoch Anlass zum Zweifel.
Peter Thiel ist einer der mächtigsten Tech-Milliardäre der Welt – und bekennender Demokratiefeind. Er erklärte 2009 öffentlich: „Ich glaube nicht länger, dass Demokratie und Freiheit kompatibel sind“. Thiel sieht das Wahlrecht für Frauen kritisch und möchte private Inseln sowie Städte für Reiche bauen, in denen sie sich vom Rest der Gesellschaft abkapseln können.
Der Milliardär ist ein enger Vertrauter von US-Präsident Donald Trump und gilt als einflussreicher Macher hinter dem Rechtsruck in den USA. Thiel finanzierte auch den Wahlkampf von J.D. Vance und verhalf ihm zur Position als US-Vizepräsident.
Sein Unternehmen Palantir benannte er nach den magischen Steinen aus dem Roman „Der Herr der Ringe“, die der Bösewicht Sauron zur Überwachung nutzt. Heute ist Thiel nicht mehr der Konzernchef, hat aber als Gründer und Großaktionär erheblichen Einfluss auf Palantir.
Die Palantir-Software kann Dich erfassen, ohne dass Du etwas Falsches getan hast. Du könntest als Zeug*in bei einem Autounfall ausgesagt oder Anzeige gegen jemanden erstattet haben. Oder Du bist einfach nur zufällig am selben Bahnhof in eine Kontrolle geraten wie eine gesuchte Person – schon besteht die Gefahr, dass Du im System landest.
Datenschützer*innen warnen davor, dass bei einem bundesweiten Einsatz massenhaft unbescholtene Menschen von polizeilichen Folgemaßnahmen bedroht sein könnten. Besonders gefährlich ist das mit Blick auf das Erstarken der rechtsextremen AfD. Schafft sie es in eine Landesregierung, könnte sie Palantir für ihre Zwecke nutzen. Denkbar wäre etwa, dass die Rechtsextremen versuchen, nach dem Vorbild von US-Präsident Trump die Software zur Deportation von Menschen zu nutzen.
Die unionsgeführten Länder Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen nutzen die US-Software bereits in einer gedrosselten Variante für ihre Polizeiarbeit. Baden-Württemberg will vorerst mit der Nutzung beginnen, auch Sachsen-Anhalt könnte bald nachziehen. Die Rechtsgrundlagen für den Einsatz der Technologie sind jedoch höchst umstritten: Datenschützer*innen warnen davor, dass das Zusammenführen von Daten aus verschiedenen Quellen stets das Risiko mit sich bringt, dass auch unschuldige Menschen überwacht werden. Das stelle einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Wenn gesetzlich nicht streng geregelt ist, in welchen Fällen das Programm konkret eingesetzt werden darf, verletzt die Anwendung wesentliche Vorgaben des Datenschutzes und somit unser individuelles Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat deshalb beim Bundesverfassungsgericht Beschwerden gegen den Einsatz von Palantir-Software in Hessen und Nordrhein-Westfalen eingereicht. Mit Erfolg: Die Richter*innen verhängten im Urteil zu Hessen strenge Auflagen. Seit Kurzem prüft das Gericht aufgrund einer weiteren Verfassungsbeschwerde der GFF auch den Einsatz der Software in Bayern.
Wenn Sicherheitsbehörden mit sensiblen Daten arbeiten, sollten die Programme transparent, quelloffen und demokratisch kontrollierbar sein. Viele Expert*innen fordern deshalb die Entwicklung einer europäischen Alternative zu Palantir.
Auch der Vorschlag, die Palantir-Software als zwischenzeitliche Lösung zu nutzen, ist fragwürdig: Ist das Programm einmal implementiert, tritt der sogenannte Lock-in-Effekt ein – es sind Abhängigkeiten entstanden, die einen Softwarewechsel zu einem späteren Zeitpunkt erheblich erschweren. Nicht nur aus technischen Gründen, sondern auch aus wirtschaftlichen, wie der Abhängigkeit von Servicepersonal, Kosten für IT-Umstellungen oder Schulungsaufwand.
Zudem ist umstritten, wie effektiv der Einsatz von Palantir aktuell überhaupt ist. Offiziell dient das Programm der Abwehr von Terrorismus. Die deutsche Polizei setzt Palantir aber vor allem bei kleineren Delikten ein, manchmal sogar bei Fahrraddiebstahl. Es gibt bisher keine wissenschaftliche Auswertung zum tatsächlichen Anwendungsbereich der Software.
Die schwarz-rote Bundesregierung ist sich uneins, was Palantir angeht. Ihre Vorgängerin, die Ampel-Koalition, hatte eine US-amerikanische Software für deutsche Sicherheitsbehörden noch ausgeschlossen – per Entschließungsantrag, der explizit auf Palantir abzielte.
Während die unionsgeführten Länder nun auf eine bundesweite Einführung drängen, positionieren sich die SPD-Innenminister*innen der Länder gegen den Einsatz. Doch in Sachsen-Anhalt ist die SPD bereits ausgeschert und unterstützt den Einsatz der Thiel-Software.
Deshalb ist es jetzt so entscheidend, dass die SPD nicht weiter einknickt. Bleiben die Sozialdemokrat*innen standhaft, kann die Union ihre Palantir-Pläne nicht umsetzen. Je mehr Unterschriften zusammenkommen, desto stärker ist der Rückhalt für die SPD. Unterschreibe jetzt: Nein zu Palantir – Überwachungspläne stoppen!
Am 3. September 2025 forderte Campact mit einer Aktion vor dem Kanzleramt: Überwachungspläne stoppen – keine Software von Palantir für die Polizei. Mehr Bilder findest Du auf dem flickr-Account von Campact.
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