Angriff auf die Zivilgesellschaft abwehren! CDU-Chef Friedrich Merz greift die Demokratiebewegung an – weil sie ihn kritisiert hat. Dabei ist das ihr Recht. Fordere jetzt die SPD auf, die Zivilgesellschaft zu schützen und zu stärken! Bereits 0 Unterzeichner*innen Appell unterzeichnen

5-Minuten-Info

Vereine und Initiativen werden von mehreren Seiten angegriffen. Am deutlichsten sind die Attacken aus der AfD, aber auch aus der Merz-Union in der Regierung kommen sehr problematische Äußerungen. Regierungsmitglieder und der Bundeskanzler stellen staatliche Fördergelder und die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit der Organisationen infrage. Und sie speisen ein Narrativ, das NGOs wahlweise vorwirft, vom Ausland beeinflusst, zu nah an Parteien zu sein oder zwielichtige Anliegen zu vertreten.

Auch die Kleine Anfrage der Union im Februar 2025 war ein klarer Einschüchterungsversuch: Nur einen Tag nach der Bundestagswahl schickte die Union 551 Fragen an die noch amtierende Bundesregierung, mit denen sie 17 Organisationen angriff – darunter Campact, Foodwatch und die Amadeu Antonio Stiftung. Die Fragen zielten darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Initiativen zu untergraben. So wollte die Union wissen, ob die Organisationen Gelder zweckentfremden oder einseitige Narrative verbreiten. Merz wetterte gegen die Zivilgesellschaft und beschimpfte Menschen zusätzlich als „linke Spinner“, die „nicht mehr alle Tassen im Schrank“ hätten.

Damit übernimmt die Union die Methoden der AfD. Die rechtsextreme Partei attackiert auf Landes- und Bundesebene gezielt jene, die sich für Demokratie, menschliche Migrationspolitik und Klimaschutz einsetzen. So greift die Merz-CDU sogar rechtsextreme Verschwörungsmythen auf. Sie behauptet, die Vereine seien Teil einer „Schattenstruktur“, eines vermeintlichen Geheimbündnisses aus linken Parteien und Zivilgesellschaft. Solche Vorwürfe nutzen Autokraten wie der ungarische Staatschef Viktor Orbán, um die eigene Zivilgesellschaft zu unterdrücken.

Kurz vor der Bundestagswahl drohte der Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg, die beteiligten Vereine aus dem Förderprogramm „Demokratie leben!” auszuschließen, sobald die Union die Kontrolle darüber hat, und ihre Gemeinnützigkeit anzugreifen.

In der Bundesregierung liegt das Förderprogramm jetzt in der Zuständigkeit der CDU: Das Familienministerium unter Karin Prien (CDU) könnte „Demokratie leben!“ nun verändern oder einkürzen – und damit die Vereine und Initiativen, die sich in der Fläche für demokratische Werte einsetzen, von wichtigen Ressourcen abschneiden.
 
Ohne Fördergelder und Gemeinnützigkeit können viele Vereine nicht überleben und sähen sich womöglich mit heftigen Steuernachzahlungen konfrontiert. Zudem schaffen die Angriffe der Union ein Klima der Einschüchterung, das noch mehr Vereine dazu bringen könnte, auf wichtige Demokratiearbeit zu verzichten. Der Ziviz-Survey, die einzige repräsentative Befragung der gesamten Zivilgesellschaft, zeigt, dass bereits 30.000 Vereine aus Angst vor dem Verlust der Gemeinnützigkeit verstummen.

Viele der Anschuldigungen der Union sind haltlos. Selbstverständlich dürfen auch gemeinnützige Organisationen sich in einem bestimmten Rahmen an der öffentlichen Debatte beteiligen und Stellung beziehen – das ist ihr Grundrecht. Dabei müssen sie nicht in dem Sinne parteipolitisch neutral sein, wie es die Union und AfD behaupten. Sie dürfen Parteien nicht direkt oder indirekt unterstützen, aber sie dürfen sehr wohl Kritik an politischen Positionen äußern – zumal, wenn diese von so großer Bedeutung sind wie die Zusammenarbeit von Union und AfD.

Allerdings schafft das veraltete Gemeinnützigkeitsrecht, verstärkt durch das Attac-Urteil, Unsicherheit. Dieses Urteil hat die politische Arbeit von gemeinnützigen Organisationen stark eingeschränkt und führte dazu, dass auch Campact die Gemeinnützigkeit verloren hat.

Es gibt mehrere Schritte, die die Bundesregierung unternehmen müsste, um die Vereine zu schützen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. 

Die drei wichtigsten sind:

  1. Das Programm „Demokratie leben!“ muss vor Einschränkungen der Union geschützt und seine Finanzierung gesichert werden. 
  2. Wir brauchen ein Gesetz, das festhält, dass Demokratieförderung Regierungsauftrag ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass Programme und Gelder dauerhaft bereitgestellt werden.
  3. Demokratiearbeit muss endlich gesichert gemeinnützig sein. Außerdem brauchen wir eine Klarstellung, dass sich Organisationen an der öffentlichen Debatte und der politischen Willensbildung beteiligen können. 

Die SPD reagierte entsetzt und mit viel Kritik auf die Drohungen und Angriffe der Union gegen die Zivilgesellschaft. Lars Klingbeil nannte die kleine Anfrage „ein Foulspiel“. Die SPD hat sich in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich für die Stärkung von Vereinen und Initiativen positioniert. Sie plante darin unter anderem ein Demokratiefördergesetz, die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts und die Stärkung des unabhängigen Journalismus. 

Auch in die Antwort der alten Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Union dürfte diese Haltung eingeflossen sein. Das Antwortschreiben vom 12. März 2025 liest sich wie eine peinliche Klatsche für die Unionsfraktion. Das federführende Finanzministerium hebt die zentrale Rolle der Zivilgesellschaft für die Demokratie hervor. Es verweist die Union auf die Versammlungsfreiheit und stellt klar: „Die Bundesregierung ist nicht befugt, Zuwendungsempfängern in Hinblick auf die Veranstaltung von Demonstrationen Vorgaben zu machen, sofern diese nicht Gegenstand einer Förderung sind.“ Es bestätigt auch, dass „gemeinnützige Organisationen politisch aktiv sein dürfen.“ 

Dadurch wird klar, inwieweit die Union den Diskurs über die Zivilgesellschaft aktuell verschieben will. Bei vielen Punkten, die der SPD wichtig waren, konnte sie sich in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen. Dennoch ist der Erhalt des Förderprogramms „Demokratie leben!“ dort festgehalten – und mit Lars Klingbeil sitzt ein SPD-Mann in der entscheidenden Position als Finanzminister, wenn es um Finanzen geht.

Meldung Fast 500.000 für den Schutz der Zivilgesellschaft Campact, foodwatch & Co. übergeben ihren Appell an die SPD: Demokratisches Engagement muss gegen Angriffe geschützt werden. Mehr erfahren

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