Keine Panzer für Erdogan!
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Ende 2017 hatte Rheinmetall das Aus für die geplante Panzerfabrik verkündet. Damals sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger: „Wenn das Verhältnis zur Türkei sich nicht verbessert, wird es schwierig, eine Genehmigung von Deutschland zu bekommen.“
Auch wenn sich das Verhältnis zur Türkei nicht grundsätzlich geändert hat, scheinen Rüstungs-Deals wieder möglich zu sein. Wie kürzlich bekannt wurde, hat Deutschland zwischen dem 18. Dezember 2017 und dem 24. Januar 2018 insgesamt 31 Rüstungsexporte in die Türkei genehmigt.
Am Rand der Sicherheitskonferenz Mitte Februar 2018 in München sagte der türkische Ministerpräsident Yildirim außerdem, dass er sich eine deutsche Beteiligung am geplanten Bau des türkischen Kampfpanzers „Altay“ wünsche. Kurz danach wurde Deniz Yücel aus türkischer Haft entlassen. Außenminister Sigmar Gabriel hatte versichert, dass es keinen Deal für die Freilassung von Deniz Yücel gegeben habe. Die türkische Seite erhofft sich offenbar ein weiteres Entgegenkommen Deutschlands bei Rüstungsgeschäften.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall will in der Türkei mit finanzstarken und politisch eng mit Präsident Recep Erdogan vernetzten Partnern eine Panzerfabrik bauen. Damit will er sich für einen großen Panzerbau-Auftrag in der Türkei (Bau des „Altay“-Panzers), aber auch für Aufträge aus Katar (1.000 gepanzerte Fahrzeuge) und weiteren Staaten bewerben. Der Konzern sucht bereits Manager und Ingenieure für die geplante Panzerproduktion in der Türkei. Dies ergaben Recherchen des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv mit dem Magazin Stern und der Exil-Redaktion der türkischen Zeitung Özgürüz.
„Ein genehmigungspflichtiger Transfer“ von deutscher Technologie stehe „nicht im Mittelpunkt“ des Projekts, sagt der Konzernsprecher. Die Formulierung lässt offen, dass er doch eine Rolle spielen könnte. Denn laut Recherchen von Correctiv basieren die Motoren des neuen Altay-Panzers sowie die Kanone auf deutscher Technik.
Rheinmetall plant ein Joint Venture mit zwei anderen Firmen, beide mit guten Verbindungen zu Erdogan. Eine ist die türkische Firma BMC. Sie gehört dem Erdogan-Freund Ethem Sancak. Ihm gehören auch mehrere Zeitungen in der Türkei, die den über ein Jahr lang inhaftierten Welt-Reporter Deniz Yücel als Terroristen verunglimpfen und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Hitler-Bärtchen zeigten.
An BMC beteiligt sind auch Vertreter des Golfemirats Katar. Das neue Rheinmetall-Gemeinschaftsunternehmen verhandelt mit Katar bereits über die Lieferung von 1.000 gepanzerten Fahrzeugen aus türkischer Produktion. Katar könnte die Fahrzeuge wiederum exportieren – in die zahlreichen Brandherde des Nahen Ostens.
Der zweite Partner in Rheinmetalls Panzer-Deal ist die Firma Etika Strategi des malaysischen Tycoons Syed Mokhtar Albukhary. Abulkhary unterstützt über seine Privatstiftung finanziell die Stiftung von Erdogans Sohn Bilal. Er soll zudem laut Rheinmetall bei der „Öffnung asiatischer Zielmärkte“ behilflich sein. Im Klartext: Die Panzerfabrik soll die Konfliktherde in Nahost und Asien beliefern, ohne dass deutsche Rüstungsexport-Bestimmungen greifen.
Das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv schreibt: „An dem Rheinmetall-Partner BMC halten auch Vertreter des Golfemirats Katar Anteile. Die Nachfrage nach Rüstungsgütern steigt in den Golfstaaten bereits seit einigen Jahren rasant an. Grund dafür sind die Spannungen zwischen den sunnitischen Golfstaaten und dem schiitischen Iran sowie die Kriege in Syrien und im Jemen. Die Golfstaaten wollen sich nicht länger nur darauf verlassen, ihr Kriegsgerät im Westen einzukaufen.” Es „laufen bereits Verhandlungen zwischen dem Rheinmetall-Gemeinschaftsunternehmen RBSS und dem Emirat Katar über die Lieferung von 1.000 gepanzerten Fahrzeugen aus türkischer Produktion.“
Correctiv fragt sich: „1.000 gepanzerte Fahrzeuge – das wäre sehr viel für ein Land mit einer einheimischen Bevölkerung von geschätzt nicht einmal 300.000 Einwohnern. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Katar die Fahrzeuge wiederum exportiert und die Panzer mit deutscher Technologie damit letztlich an den Brandherden der Region auftauchen. Katar soll zum Beispiel Rebellengruppen im syrischen Bürgerkrieg bereits mit Waffen und Training unterstützen.“
Rheinmetall ist dafür bekannt, sich erstklassige Lobbykontakte in die deutsche Politik einzukaufen. Schlagzeilen machte die Nachricht, dass Franz-Josef Jung (CDU), der von 2005 bis 2009 als Bundesverteidigungsminister in der ersten Regierung Merkel tätig war, auf der Rheinmetall-Hauptversammlung am 9. Mai 2017 in den Aufsichtsrat von Rheinmetall gewählt wurde. Jung verfügt aus seiner Ministerzeit über hochrangige Kontakte in die deutsche Politik, die Führungsstellen der Bundeswehr und zu wichtigen Politikern und Militärs im Ausland.
Jung wäre nicht der erste Ex-Minister, der für Rheinmetall tätig ist. Seit Anfang 2015 stellt der ehemalige Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) seine als Minister erworbenen Kontakte in den Dienst des Rüstungskonzerns – als Leiter des Bereichs Internationale Strategieentwicklung und Regierungsbeziehungen. Während seiner Ministerzeit wurden im Bundessicherheitsrat – dessen Mitglied Niebel war – zahlreiche Anträge auf Exportgenehmigung von Rheinmetall genehmigt.
Ärger mit der deutschen Bundesregierung befürchten die Rheinmetall-Chefs bisher nicht. Es sei immer die Politik von Rheinmetall gewesen, „die deutsche Regierung über unsere strategischen Pläne zu informieren“, versicherte Rheinmetall-Manager Andreas Schwer in einem Interview im Sommer 2016: „Wir tun nichts hinter ihrem Rücken.“ Alles passiere in Absprache mit der Bundesregierung. Doch der Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums erklärt sich für „nicht zuständig“ bei einem „unternehmerischen Vorgang”.
Doch Rheinmetall ist in hohem Maße auf die Bundeswehr als Auftraggeber angewiesen und kann es sich nicht leisten, gegen den erklärten Willen der Politik Geschäfte zu machen.
In einem Sonderbericht vom März 2017 wirft der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte der türkischen Armee „exzessive Gewalt“ in den Kurdengebieten im Südosten der Türkei vor. Dabei kritisiert die UN insbesondere Panzer-Attacken in dicht besiedelten Gebieten. Mit Satellitenbildern belegt der Bericht massive Zerstörungen von Ortschaften.
Das Hochkommissariat nennt 355.000 bis 500.000 Vertriebene aus der Region im Zeitraum Juli 2015 bis Dezember 2016. Bei dem Militäreinsatz wurden rund 2000 Menschen getötet, 800 Angehörige der Sicherheitskräfte und 1200 Zivilisten.
Am 20. Januar hat die Türkei völkerrechtswidrig die Kurden in Nordsyrien angegriffen. Die anhaltende Offensive richtet sich gegen die kurdische Miliz YPG, fordert aber auch Opfer unter Zivilisten.
„Yildirim verteidigt „Leopard“-Einsatz gegen Kurden in Syrien”, Spiegel Online
„Bundesregierung genehmigte viele Rüstungsexporte in die Türkei”, Zeit Online
„Keine Panzer nach Ankara”, Frankfurter Allgemeine
UN kritisieren Gewalt gegen Kurden“, tagesschau.de (mit Video)
„Deutsche Panzer für Erdogan“, Correctiv
„Rheinmetall will Panzer in der Türkei bauen: „Das ist der absolute Wahnsinn“, Stern
„Panzerbauer Rheinmetall wegen Türkei-Projekt unter Druck“, Stern
Mehr Bilder finden Sie auf dem flickr-Account von Campact