Campact lässt Gemeinnützigkeit von sechs Landesverbänden des Bund der Steuerzahler e.V. überprüfen

Demokratie braucht Gemeinnuetzigkeit
Foto: Campact e.V.

Verden/Berlin, 12. Dezember 2023. Aus Sicht der Kampagnenorganisation Campact verstoßen sechs Landesverbände des Bund der Steuerzahler (BdSt) aufgrund ihrer politischen Tätigkeit gegen geltendes Gemeinnützigkeitsrecht. Entsprechende Hinweise hat Campact an die Finanzämter in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mit Bitte um Überprüfung des Gemeinnützigkeitsstatus der entsprechenden BdSt-Landesverbände versendet. Mit der Aktion will Campact auf die Ungleichbehandlung von progressiven und konservativen Vereinen unter geltendem Gemeinnützigkeitsrecht aufmerksam machen. Im Jahr 2019 verloren der Verein Attac und in der Folge auch Campact aufgrund ihres politischen Engagements die Gemeinnützigkeit – viele weitere Organisationen sind davon bedroht. 

Felix Kolb, Geschäftsführender Vorstand von Campact: “In Deutschland herrscht eine Zwei-Klassen-Zivilgesellschaft, die unserer Demokratie schadet. Progressive Vereine verlieren infolge politischen Engagements ihre Gemeinnützigkeit. Bei politisch aktiven konservativen Vereinen wie dem Bund der Steuerzahler halten die Finanzämter die Füße still. Diese Ungleichbehandlung muss die Bundesregierung bei der anstehenden Reform des Gemeinnützigkeitsrechts abschaffen. Es braucht Rechtssicherheit für die gesamte politisch aktive Zivilgesellschaft.”

Ein kürzlich veröffentlichtes Rechtsgutachten von Campact hat gezeigt, dass der BdSt seine Steuerprivilegien nach gültiger Rechtsprechung längst hätte einbüßen müssen. Der Verband nimmt regelmäßig öffentlich zu politischen Entscheidungen Stellung, um eigene Standpunkte und Forderungen durchzusetzen. Laut Urteil des Bundesfinanzhofs von 2019 ist ein solches politisches Engagement jedoch nicht gemeinnützig. Aktuelle Recherchen von Campact belegen nun, dass auch sechs Landesverbände des BdSt in tagespolitische Diskussionen eingreifen. Sie müssten somit ihren Gemeinnützigkeitsstatus verlieren.

“Es geht Campact nicht darum, dem Bund der Steuerzahler etwas wegzunehmen. Wir möchten mit unserer Anzeige die Schieflage in der Auslegung des Gemeinnützigkeitsrechts am Beispiel eines reichweitenstarken Vereins demonstrieren. Unser Ziel ist, dass Petitionen, Demonstrationen und Gespräche mit Politiker*innen als ein legitimes Hauptinstrument aller gemeinnützig arbeitenden Organisationen anerkannt werden”, so Kolb weiter.

Die Bundesregierung plant, Anfang 2024 einen ersten Gesetzesentwurf für ein neues Gemeinnützigkeitsrecht vorzulegen. Campact fordert, dass das Engagement zu Grund- und Menschenrechten, Demokratie, Antidiskriminierung, sozialer Gerechtigkeit und Frieden gesetzlich als gemeinnützig anerkannt werden muss. Zugleich sollte der Gesetzgeber grundsätzlich erlauben, dass etwa Sportvereine zu Demonstrationen gegen Rassismus aufrufen oder Karnevalsvereine Betroffenen von Naturkatastrophen helfen dürfen.  

Mehr Informationen:Das Schreiben von Campact an die Finanzämter sowie die einzelnen Recherchen zu Satzungszweck und dem politischen Engagement der BdSt-Landesverbände von Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Schleswig-Holstein, Bremen / Niedersachsen und Sachsen-Anhalt finden Sie hier https://www.campact.de/gem-bdst/.

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