Keine AfD-Regierung

Kurz nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben sich mit Campact fast eine halbe Million Menschen an die demokratischen Parteien gerichtet, um zu verhindern, dass die rechtsextreme AfD an die Macht kommt. Die Regierungsbildung ist in allen drei Bundesländern mittlerweile abgeschlossen, daher beenden wir den Appell. Doch die Gefahr ist lange nicht gebannt – im Gegenteil.

Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen: Die demokratischen Parteien müssen jetzt stabile Regierungen bilden um die Faschisten von der Macht fernzuhalten.

492.734 Menschen haben den Appell „Brandenburg, Thüringen und Sachsen: AfD von der Macht fernhalten!“ unterzeichnet. Damit war es einer der größten Appelle gegen Rechtsextremismus, den Campact je gestartet hat. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zeichneten sich schwierige Regierungsbildungen ab: Die rechtsextreme AfD gewann in beiden Ländern stark hinzu, in Thüringen wurde sie sogar stärkste Kraft. Um zu verhindern, dass die AfD an die Macht kommt, brauchte es also Koalitionen über das ganze demokratische Spektrum hinweg. Würde eine solche demokratische Koalition scheitern, drohte die AfD nach der Macht zu greifen – in Thüringen hätte sich AfD-Mann Björn Höcke sogar zum Ministerpräsidenten wählen lassen können.  

Daher haben wir den Appell an die demokratischen Parteien in den beiden Landtagen sowie die Bundesparteien gerichtet. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg erweiterten wir unseren Appell um dieses Bundesland, da sich dort eine ähnliche Situation abzeichnete. 

Anzeigen in der FAZ und Plakate rund um den Erfurter Landtag

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schalteten wir eine große Anzeige mit unserem Appell. Zudem hängten wir rund um den Erfurter Landtag Plakate auf, um die CDU-Abgeordneten auf ihre Verantwortung hinzuweisen. Die CDU in Thüringen hatte nach der AfD die meisten Stimmen erhalten und spielte eine besondere Rolle bei der Bildung der Regierung. 

Plakat an der Johann-Bach-Straße in Erfurt: „Frau Gerbothe, christlich-soziale Werte bewahren – Faschismus stoppen: Auf Sie kommt es an.“
Plakat an der Johann-Bach-Straße in Erfurt an die CDU-Politikerin Carolin Gerbothe. Foto: Campact e.V.

Keine direkte Regierungsbeteiligung der AfD

Das Wichtigste zuerst: In keinem der drei Bundesländer gibt es eine direkte Regierungsbeteiligung der AfD. In Sachsen und Thüringen gibt es nun Minderheitsregierungen. Wir hatten in unserem Appell ausdrücklich davor gewarnt, da sie für politische Instabilität sorgen: Für jedes einzelne Gesetz muss die Regierung fortan mit der Opposition verhandeln, um Mehrheiten zu bekommen. In Sachsen sind das Linkspartei, Grüne, BSW und AfD und in Thüringen Linkspartei und AfD. Die Regierungsarbeit wird anstrengender werden. Die AfD wird es freuen; sie kann die schwierige Situation ausnutzen, um Frust über das demokratische System zu schüren. 

Zudem kann sie die beiden CDU-Ministerpräsidenten immer wieder locken, mit ihnen zusammenzuarbeiten: Mit ihrer Zustimmung könnte die CDU Gesetze im Landtag beschließen. So kann sich die AfD als „ganz normale“ Partei inszenieren – eine erklärte Strategie der Rechtsextremen, um langfristig an die Macht zu gelangen. In den Wochen nach den Landtagswahlen gab es bereits vereinzelt Vorstöße – etwa aus der CDU –, auf die rechtsextreme AfD zuzugehen. Die Gefahr eines Machtzuwachses für die Demokratiefeinde rund um Höcke ist also nicht gebannt, im Gegenteil. Campact setzt sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus ein und wird das auch in Zukunft tun. Bitte stehe dabei an unserer Seite. 

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Mehr zu den Landtagswahlen im Campact-Blog

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5-Minuten-Info

Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen hat die AfD rund ein Drittel der Stimmen gewonnen. Das ist erschreckend – dennoch hat in allen drei Ländern die Mehrheit für demokratische Parteien gestimmt. Auch wenn die Lage kompliziert ist: Eine stabile Mehrheitsregierung ohne die AfD ist in allen Fällen möglich. Alle Parteien haben im Vorfeld eine Koalition mit den Faschist*innen ausgeschlossen. Jetzt müssen sie dieses Versprechen einlösen. Eine besondere Verantwortung tragen dabei die CDU, SPD und das BSW; sie haben in den Ländern die meisten Sitze aller demokratischen Kräfte. Vor allem die CDU ist gefragt – für eine stabile Regierung muss sie in Thüringen ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linkspartei aufheben und die Demokratie so schützen.

Im Vorfeld der Wahlen haben alle demokratischen Parteien eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen. Als stärkste Partei in Thüringen und zweitstärkste Kraft in Sachsen und Brandenburg könnten die Rechtsextremen dennoch politische Gestaltungsmacht bekommen:

  • Schaffen es die demokratischen Parteien nicht, ihre Differenzen zu überwinden und eine stabile Regierung zu bilden, könnte es auf eine Minderheitsregierung hinauslaufen. Das würde für große politische Instabilität sorgen – bei jeder Abstimmung im Landtag müsste die Regierung um eine Mehrheit ringen. Schlimmstenfalls wäre sie dabei auf die AfD angewiesen. Das würde die Partei in eine starke Machtposition bringen; sie könnte die Regierung erpressen. 
  • In Thüringen könnte AfD-Chef Björn Höcke sogar zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Dies liegt an einer Besonderheit der Landesverfassung: Erhält in den ersten beiden Wahlgängen kein*e Kandidat*in die absolute Mehrheit der Stimmen im Landtag, reicht im dritten Wahlgang eine relative Mehrheit – es gewinnt dann die Person mit den meisten Stimmen. Da die AfD die meisten Abgeordneten stellt, könnte Höcke die Abstimmung im dritten Wahlgang für sich entscheiden. 
  • Theoretisch könnte die AfD in beiden Ländern auch in eine Koalition gehen und die Regierung stellen – dafür müssten andere Parteien ihr Versprechen brechen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. 

Es kommt also auf die demokratischen Parteien an: Überwinden sie ihre Differenzen und bilden sie stabile Mehrheitsregierungen, bleibt die AfD isoliert.

Eine Minderheitsregierung ist eine Regierung ohne absolute Mehrheit im Parlament. Das bedeutet, sie ist bei jeder Abstimmung auf zusätzliche Stimmen der anderen Fraktionen angewiesen. Oft gibt es in diesen Fällen eine Abmachung, mit einer anderen Fraktion gemeinsam abzustimmen, um der Regierung so Mehrheiten zu verschaffen: eine formale Duldung. Je umkämpfter jedoch die Vorhaben der Minderheitsregierung sind, desto größer ist die Gefahr, dass die nötige Mehrheit nicht zustandekommt.

Die AfD kommt damit in eine gefährliche Machtposition. Ob Haushalt, innere Sicherheit oder Geld für Lehrer*innen: Bei Abstimmungen zu bedeutenden Fragen müsste die Regierung um Stimmen kämpfen. Und könnte dabei auch auf die Stimmen der AfD-Leute in den Parlamenten angewiesen sein. Das bedeutet viel Macht für die AfD. 

Darüber hinaus könnte die AfD versuchen, eigene Gesetzentwürfe durchzusetzen – indem sie mit anderen Fraktionen Mehrheiten gegen die Regierung findet. Damit würde sie echte Gestaltungsmacht haben und die Regierung gleichzeitig vor sich hertreiben. Bei einer stabilen Mehrheitsregierung ohne die AfD besteht diese Gefahr nicht.

Sowohl der Landesverband der AfD in Sachsen als auch der in Thüringen sind vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden, in Brandenburg gilt die AfD als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“. 

Die AfD wird von Rechtsextremen dominiert, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, also daran arbeiten, unsere demokratischen Institutionen zu untergraben. So hat der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke angekündigt, im Falle eines Wahlsieges den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzugreifen und den Verfassungsschutz zu entmachten. 

Das Weltbild vieler AfDler ist völkisch und rassistisch. Björn Höcke, Gründer des einflussreichen völkischen „Flügels“, darf gerichtlich bestätigt als Faschist bezeichnet werden. Jörg Urban, Landesvorsitzender der AfD in Sachsen, gilt als Sympathisant des Flügels. Er bedient Verschwörungserzählungen und spricht öffentlich von einem angeblichen „Bevölkerungsaustausch“. Auch im Landesverband Brandenburg ist der „Flügel“ sehr einflussreich.

Bekäme die rechtsextreme AfD Regierungsmacht, könnte sie damit beginnen, ihre faschistische und demokratiefeindliche Agenda in die Tat umzusetzen.

Ganz Deutschland schaut derzeit auf Sachsen, Brandenburg und Thüringen. Falls die AfD in direkte oder indirekte Machtposition kommt, hat das fatale Auswirkungen. Zuerst einmal vor Ort, denn dort könnten dann bald Faschisten über Gesetze entscheiden. Aber auch für den Rest Deutschlands: Abstimmungen oder Koalitionen mit der AfD wären ein dramatischer Tabubruch. Sie würden die faschistische Politik der Partei normalisieren und der AfD den Weg ebnen, um auch in anderen Ländern oder der Bundespolitik an die Macht zu kommen. Auch der Nationalsozialismus fing mit einer Regierungsbeteiligung der NSDAP im Jahr 1929 in Thüringen an.

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